
Neue Weltordnung, neue Spielregeln
Die wirtschaftliche Weltordnung befindet sich im Wandel. Politik und Unternehmen müssen sich auf neue Zeiten einstellen. Dies machte Gastredner Christian Kullmann, Vorstandsvorsitzender des Essener Chemiekonzerns Evonik, im Rahmen einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des Industrie- und Handelsclubs OWL, IHC, eindrücklich klar. Moderiert wurde der gut besuchte Vortrag in den Räumen der KPMG AG Bielefeld von IHC Präsident Eduard R. Dörrenberg.
Seine Herkunft aus dem Ruhrgebiet merkt man ihm an. Christian Kullmann, gebürtiger Gelsenkirchener, ist ein Freund klarer Worte. Und so zeigte er den Mitgliedern und Gästen des IHC zunächst einmal schonungslos die aktuelle Situation auf, in der Wirtschaft und Politik heute agieren müssen. „Wir müssen uns vom System des Multilateralismus verabschieden“, erklärte der Manager. Dieser habe funktioniert, solange Amerika die Rolle eines „Weltsheriffs“ übernommen habe. Europa und damit auch Deutschland haben lange vom „regelbasierten globalen Welthandel“ profitiert, so Kullmann. Doch nun finde eine Regionalisierung der Weltmärkte statt. Nationalstaatliche Interesse würden immer wichtiger und somit nehme auch der Protektionismus zu. Es gebe somit „neue Spielregeln“, so Kullmann, der nicht nur den drittgrößten deutschen Chemiekonzern führt, sondern bis vor kurzem auch den Aufsichtsratsvorsitz von Borussia Dortmund innehatte.
Für Transformation und Anpassung brauche die Wirtschaft allerdings Mittel für die notwendigen Investitionen und nicht noch mehr Einschränkungen seitens der Politik, erläuterte der Evonik-Chef. In bildreicher Sprache beschrieb er die europäische Wirtschaft als einen Marathonläufer, der eine Bleiweste voller Auflagen trage, wie zum Beispiel das CO2-Handelsregime. Anstatt dass die EU den Läufer davon befreie grundlegende und entlastende Reformen durchführe, versuche sie ihn durch kleine Erleichterungen („einem Paar neue Turnschuhe“) bei der Stange zu halten.
Bei allen Herausforderungen sei aber „keine Zeit zu jammern“, stellte Kullmann fest. Deutschland verfüge über viele Reserven. So sei die Staatsverschuldung deutlich geringer als in Amerika und China und die Innovationskraft immer noch stark. „Wir müssen aber durch kluge Außen- und Wirtschaftspolitik unsere Vorteile nutzen“, so der Manager. Politiker und Politikerinnen wie Bundeskanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hätten mittlerweile „die Probleme auf dem Schirm“, was ihm Anlass zur Hoffnung gebe. Also, so das Resümee des Referenten: „Ärmel aufkrempeln und los geht’s!“.
Im Anschluss an die Veranstaltung und die Fragerunde lud der Gastgeber KPMG noch zu einem Barbecue auf der Terrasse ein. Eine Gelegenheit zum Austausch, die viele Gäste gerne nutzen.