Westfalen-Blatt

Blick in Bethels Leuchtturmprojekt

4. Juni 2022

IHC-Geschäftsführerin Cornelia Moss (von links) im Gespräch mit Dr. Rainer Norden und Pastor Ulrich Pohl vom Bethel-Vorstand, Laura von Schubert (IHC) und dem Ärztlichen Direktor Prof. Dr. Eckard Hamelmann. Foto: Bernhard Pierel

Kinderzentrum in Bielefeld: 100-Millionen-Euro Vorhaben soll 2023 den Betrieb aufnehmen

Ein Zweibettzimmer mit freundlichen grünen Farbelementen auf weißem Grund, kleinen Sitznischen für ein wenig Privatsphäre. So werden die Krankenzimmer im künftigen Kinderzentrum in Bethel aussehen. Aus Elternsicht eine wesentliche Verbesserung: Neben jedem Krankenbett lässt sich aus einem Schrank ein Bett für ein Elternteil herunterklappen. Aber auch aus medizinischer Sicht bedeutet das neue Kinderkrankenhaus einen großen Schritt nach vorn.

Von Peter Bollig

Bielefeld. Noch ist das künftige Kinderzentrum am Grenzweg in Bethel in weiten Teilen fast noch ein Rohbau. Strom- und Datenkabel sind verlegt, rote Rohre für die Sprinkleranlage, Leitungen für Wärme und Wasser. Auf manchen Fluren fehlt noch der Estrich, aber vor allem im Bereich der Krankenzimmer sind die Putzarbeiten weit vorangeschritten, sind in den Bädern schon Fliesen verlegt.

„Wir sind fast noch im Zeitplan“, sagt Bethel-Architekt Jürgen Kaeller, Projektleiter für das Kinderzentrum, bei einem Rundgang. Rund 50 Mitglieder des Industrie- und Handelsclubs (IHC) OWL sind zur Besichtigung an den Grenzweg gekommen und sichtlich begeistert. Sieben Mal habe der Bauzeitenplan geändert werden müssen, weil mal Material, mal Handwerker fehlten, berichtet Kaeller. „Wir sind froh, dass ein Großteil der Verträge vor Corona und dem Ukraine-Krieg geschlossen wurden.“

Im zweiten oder dritten Quartal 2023 soll das neue Kinderzentrum den Betrieb aufnehmen, stellt Dr. Rainer Norden, Aufsichtsratsvorsitzender des Evangelischen Klinikums Bethel und stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Bethel, den Zeitplan vor. Der liegt damit rund drei Monate hinter den ursprünglichen Planungen.

IHC-Präsidiumsmitglied Laura von Schubert kennt als Mutter das frühere Kinderkrankenhaus aus eigener Erfahrung, ist daher von den Elternbetten in den Krankenzimmern angetan. Ein Drittel davon werden künftig als Einbettzimmer, der Rest als Zweibettzimmer bereitgestellt. Maximal 186 Betten können belegt werden.

Das 100-Millionen-Euro-Projekt sei notwendig geworden, weil das alte Kinderkrankenhaus aus den 1970er Jahren nicht zu sanieren gewesen sei. „Wir haben eine Top-Klinik, aber der Bauzustand war nicht mehr zu halten“, sagt Norden. Vor allem Eltern, die über Nacht bei den Kindern bleiben wollten, hatten hier Probleme.

Die Gestaltung ist kindgerecht mit lichtdurchfluteten Räumen, Krankenzimmern mit Blick nach draußen, mit Spielbereichen und einem bunten Farbkonzept. Schon die Fassade mit bunten Elementen wirkt für ein Krankenhaus ungewöhnlich. „Wir betreuen auch chronisch kranke Kinder. Die kommen öfter zu uns und sollen das Gefühl haben, gerne wiederzukommen“, sagt Prof. Dr. Eckard Hamelmann, Ärztlicher Direktor des Kinderzentrums.

Hamelmann und Norden erklären die medizinische Bedeutung des Kinderzentrums, dieses „Leuchtturmprojektes“, das auch nach Bethel-Standards „ein Großprojekt“ sei. Bethel versorge mit der Kinderklinik jährlich 10.000 Patienten voll- und teilstationär, 20.000 in der Kindernotfall- und 20.000 in der Spezialambulanz. „Wir bieten das ganze Spektrum der Medizin – aber speziell für Kinder und mit dem Status einer Universitätsklinik“, sagt Rainer Norden. Diagnostik und Behandlung befinden sich im Kinderzentrum unter einem Dach. Kinderchirurgie, Kinderradiologie, Kinderanästhesiologie zählt er als einige Disziplinen auf, auch die Geburtshilfe gehört dazu. Und Eckard Hamelmann ergänzt einige Neuerungen im künftigen Kinderzentrum: ein Allergiezentrum, ein Kinder-Lungenzentrum, ein Zentrum für Seltene Erkrankungen und eines für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Das habe überregionale Strahlkraft, sagt Norden.

Über zehn Jahre erstreckte sich die Planung des Kinderzentrums, für das das alte Kinderkrankenhaus 2019 abgerissen wurde. Etwa die Hälfte der Investition kommt aus Spendengeldern.

Von Peter Bollig