Auf der Rückreise von einer Bundesratssitzung in Berlin legte Ministerpräsident Hendrik Wüst einen Zwischenstopp in Bielefeld ein. Auf Einladung des Industrie- und Handelsclubs OWL, IHC OWL e. V., gab der CDU-Politiker einen Überblick über die aktuellen Schwerpunkte seiner Arbeit.
Der Ukraine-Krieg in vollem Gang, Corona noch nicht vorbei und die Klimakrise drohend über allem: An Aufgaben mangelt es der Politik momentan nicht. In seinem Impulsreferat streifte der Ministerpräsident viele Themen, die zurzeit auf der politischen Agenda stehen.
Industrie und Klimaschutz unter ein Dach zu bringen, ist für Wüst eine zentrale Frage seiner Politik. „Klimaschutz gelingt für mich nur, wenn wir gleichzeitig Industrieland bleiben“, erklärte Wüst. Wohlstand und soziale Sicherheit müssten zwingend erhalten bleiben. „Sonst können wir nicht Vorbild für andere Länder sein“.
Energie müsse darum auch für die Industrie bezahlbar bleiben. Bei der Versorgung stehe momentan die Unabhängigkeit Deutschlands im Vordergrund. Aber neben Mengen seien auch Preise wichtig. Die ausführlichen und oft langwierigen Diskussionen darüber in der Ampel-Koalition auf Bundesebene sieht der Ministerpräsident durchaus positiv. „Sie haben sogar einen Vorteil für die Wirtschaft: Die ausgehandelten Rahmenbedingungen haben länger Bestand, weil sie nach Wahlen in der nächsten Legislatur nicht sofort wieder verändert werden“.
Beim Thema Ukraine lobte der gebürtige Münsterländer und bekennende Westfale das große Engagement der Bürgerinnen und Bürger bei der Unterbringung der Geflüchteten. Als Gesellschaft müsse man aus dem Konflikt die Lehre ziehen, dass Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit seien und verteidigt werden müssten. Die beschlossenen 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr könnten dafür „nur ein Grundstock sein“, so Wüst.
Die laufenden Koalitionsverhandlungen mit den Grünen bewertete Wüst positiv. Auf die Frage von IHC-Präsident Eduard R. Dörrenberg, ob er die FDP als Regierungspartner vermisse, antwortete Wüst knapp mit: „An manchen Stellen“. Und lobte gleich im Anschluss die „unkomplizierten“ Koalitionsverhandlungen mit den Grünen.
Ein weiteres Thema der von IHC Präsident Eduard R. Dörrenberg moderierten Diskussion war das Thema „Digitalisierung“. Vor allem in Verwaltungen müsse man hier schnell weiterkommen, meinte der Ministerpräsident. So dürfe es nicht nur darum gehen, das Häkchen auf der Umlaufmappe durch ein digitales Pendant auf dem Laptop zu ersetzen, sondern der Prozess dahinter müsse sich verändern. Dies sei aber oft eine Frage der Zuständigkeiten. Als Beispiel nannte er die KFZ-Zulassung, die sich digital längst über das Kraftfahrzeugbundesamt machen ließe. Ein entsprechender Vorstoß seines ehemaligen Amtskollegen Andreas Scheuer sei aber auf großen Widerstand bei Städten und Landkreisen gestoßen, deren Behörden ihre damit verbunden Einnahmen schwinden sahen. Nun sollen einzelne digitalisierte Musterkommunen, als positive Anschauungsobjekte für andere Gemeinden, mit gutem Beispiel vorangehen.
Auch der Facharbeitskräftemangel war ein Thema, das die Landesregierung wie auch die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer gleichermaßen beschäftigte. Wie Wüst berichtete, würde der bisherige NRW-Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann gern ein Pflichtpraktikum im Handwerk für alle Schülerinnen und Schüler einführen, um den Fokus mehr auf diese Berufe zu lenken. Durch Auslandsaustausch oder Azubi-Ticket versuche die Landesregierung zudem, weitere Anreize für eine Lehre zu liefern. Weiterer Wunsch an den Ministerpräsidenten war in diesem Zusammenhang auch der Bürokratieabbau, um beispielweise Flüchtlinge einfacher und ohne lange Wartezeiten beschäftigen zu können.