Jan Rinnert, CEO und Vorsitzender des Vorstands der Heraeus Gruppe zu Gast beim IHC (v. l. Gastgeber des Abends Martin Wilde, IHC Geschäftsführerin Cornelia Moss, Jan Rinnert und IHC Präsident Eduard R. Dörrenberg)
Wie vereinbart man Tradition und Innovation? Diese Frage treibt viele Familienunternehmen um. In seinem Vortrag vor Mitgliedern und Gästen des Industrie- und Handelsclubs OWL, gab der CEO und Vorsitzende der Geschäftsführung der Heraeus Gruppe, Jan Rinnert, Einblicke in die strategische Ausrichtung eines der größten deutschen Familienunternehmen. Auf Vermittlung von IHC Ehrenpräsident Dr. Reinhard Zinkann konnte IHC Präsident Eduard R. Dörrenberg den Manager Anfang September in den Räumen der Deutschen Bank in Bielefeld begrüßen.
Heraeus ist ein breit aufgestellter Technologiekonzern mit einer über 360 Jahre alten Geschichte. 1660 als Apotheke im hessischen Hanau gegründet, entwickelte sich das Familienunternehmen zu einer Holding, die im Jahr 2023 26 Milliarden US-Dollar Umsatz generierte. Die Heraeus Holding ist, gemessen am Umsatz, eines der größten Familienunternehmen in Deutschland. Je ein Drittel der Wertschöpfung finden in Europa, Asien und Amerika statt.
Lange Zeit war das Unternehmen aus dem hessischen Hanau vor allem als Edelmetallspezialist bekannt. Mittlerweile liefert Heraeus aber auch Quarzglas für die Halbleiter- und Telekommunikationsindustrie und Sensoren für die Stahlindustrie und Medizintechnik. Die Holding ist in vier Business-Plattformen unterteilt (Metals and Recycling; Healthcare; Semiconductors and Electronics; Industrials), die sich wiederum aus 18 eigenständigen, unabhängig voneinander agierenden Unternehmen zusammensetzen. Das Portfoliomanagement sei zwar nicht immer einfach, so Rinnert. „Für uns bedeutet Diversifikation jedoch eine Risikostreuung“. Hierbei habe sich ein Mix aus etablierten und jungen Unternehmen bewährt. Es finden Kooperationen mit Universitäten und Technologiepartnerschaften statt. „Erfindungen entstehen heute anders als früher, vor allem in Teams“, erklärte der CEO.
Da Heraeus sich in Familienbesitz befinde, spiele diese bei Entscheidungen naturgemäß eine große Rolle. „Wir ringen so lange um Lösungen, bis wir die ganze Familie an Bord haben“, erklärte Rinnert. „Wir stimmen nicht nach Mehrheiten, sondern zusammen ab.“ Ein eigener Familienkodex lege die Leitlinien und Modalitäten fest, nach denen das Unternehmen geführt werde: den Traditionen verpflichtet und zugleich bestrebt, das Geschäft für künftige Generationen zu erhalten. „Unser Ziel ist es, im Jahr 2060 das 400-jährige Bestehen des Unternehmens zu feiern“, so der Manager.
„Bei allem Traditionsbewusstsein“, sagte Rinnert, „ist uns klar, dass wir uns immer wieder verändern und weiterentwickeln müssen“. Gerade traditionell aufgestellte Familienunternehmen würden Disruptionsmomente oft verpassen und veränderte Märkte zu spät wahrnehmen. Das von ihm bevorzugte Bild für das Hanauer Unternehmen sei deshalb ein Baum: „Fest verwurzelt in der Tradition. Ein dicker Stamm, der Werte generiert. Äste, die für Diversifikation stehen und frische, innovative Triebe, die Neuentwicklungen hervorbringen.“