Thomas Kleine-Brockhoff, Direktor Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) zu Gast beim IHC (v. l. Thomas Kleine-Brockhoff, IHC Geschäftsführerin Cornelia Moss, IHC Präsidiumsmitglied Laura von Schubert, Dr. Christian von Twickel, Geschäftsführung Dr. Oetker)
Seit Ende August 2025 verfügt nun auch die Bundesregierung über ein Instrument, das viele andere Länder schon seit langem besitzen: einen Nationalen Sicherheitsrat. Auf Einladung des Industrie- und Handelsclubs OWL, IHC, erklärte Thomas Kleine-Brockhoff, Otto Wolff-Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, warum darüber hinaus auch eine Nationale Risikoanalyse wichtig ist.
Ein „faszinierender Einblick in den Maschinenraum der Politik“ sei sein Vortrag gewesen, formulierte es Laura von Schubert, IHC Präsidiumsmitglied, am Ende der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung, zu der zahlreiche Mitglieder und Gäste in die Dr. Oetker-Welt gekommen waren. Zuvor hatte Kleine-Brockhoff erläutert, warum Deutschland in seiner „größten außenpolitischen Krise seit Gründung der BRD“ einen neue Route weg von „reaktiver Krisenverwaltung“ hin zu „strategischer Zukunftsgestaltung“ einschlagen müsse. Unabdingbar sei dafür eine Nationale Risikoanalyse, an deren Gestaltung Kleine-Brockhoff zurzeit gemeinsam mit einem Think Tank arbeitet. Weitere Mitglieder sind Daniela Schwarzer (Bertelsmann Stiftung), Stefan Mair (Stiftung Wissenschaft und Politik) und Oliver Gnad (Bureau für Zeitgeschehen).
Da Kanzlerschaft und Außenministerium erstmals seit langem wieder von derselben Partei besetzt werden, sei es überhaupt erst möglich geworden, einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR) ins Leben zu rufen, erklärte Kleine-Brockhoff. Der NSR ist ein seit Ende August 2025 bestehender, zentraler Kabinettsausschuss der deutschen Bundesregierung. Er soll die deutsche Sicherheitspolitik koordinieren, Krisen analysieren und die Koordination zwischen verschiedenen Ministerien in Fragen der nationalen Sicherheit verbessern. Mitglieder sind der Bundeskanzler als Vorsitzender und verschiedene Minister, unterstützt von der Leitung des Bundeskanzleramts.
Die Einrichtung einer solchen Plattform sei zwar gut und wichtig, so Kleine-Brockhoff, aber es müssten neben der Einschätzung der aktuellen Lage und unabhängig von Tages- und Parteipolitik auch zukunftsgerichtete Sicherheitsstrategien erarbeitet werden „Zu wissen, wogegen es sich prioritär zu wappnen gilt, ist unerlässlich, um strategische Prioritäten zu setzen“, so der Experte. „Nur so können aufkommende Trends bewertet und disruptive Ereignisse antizipiert werden.“
Als Grundlage könnte ein Risikokataster dienen, das Gefahren aus unterschiedlichsten Bereichen systematisch erfasse und bewerte, um Risikomanagementmaßnahmen zu ermöglichen. Das „Rad neu zu erfinden“, sei dafür nicht notwendig, so Kleine-Brockhoff. Vorbilder für Deutschland sieht er beispielsweise in Finnland, den Niederlanden und Großbritannien. Eine erste Diskussionsgrundlage, die transparent und nachvollziehbar Methoden zur Risikobewertung darlegt, will der Think Tank bereits zur kommenden Münchner Sicherheitskonferenz vorlegen.
Im Anschluss an die Veranstaltung wurde die Gelegenheit, Fragen zu stellen, ausgiebig genutzt. Ein von Dr. Oetker offerierter Imbiss rundete den Abend mit vielen Gelegenheiten zum Diskutieren und Netzwerken ab.