Neue Westfälische

Brinkhaus: „Steuererhöhungen nach der Krise sind falsch“

15. Juni 2021

Der Unionsfraktionschef im Bundestag rät im Gespräch mit Wirtschaftsvertretern aus OWL zu einer konsequenten Politik und Zusammenarbeit mit Afrika als „unser Schicksalskontinent“. Der 52-Jährige will zudem Datenschutz als Hemmnis abbauen.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Foto: dpa

Bielefeld. Die Union aus CDU und CSU hat noch immer kein Wahlprogramm für die Bundestagswahl Ende September präsentiert. Wer aber Fraktionschef Ralph Brinkhaus am Montag bei einem Vortrag vor heimischen Wirtschaftsvertretern zuhörte, der bekam einen Vorgeschmack auf das, was in den kommenden Tagen folgen könnte.

„Wir haben bis gestern hart am Parteiprogramm gearbeitet“, sagte Brinkhaus zu Beginn seiner Rede beim Industrie- und Handelsclub Ostwestfalen-Lippe. Die Partei habe sich aber ein „Schweigegelübde“ bis nächsten Sonntag aufgelegt, sagte Brinkhaus, um dann doch zahlreiche politische und wirtschaftliche Forderungen zu benennen.

„Wir müssen uns verändern, nicht nur ein bisschen, sondern wir müssen die Sache richtig groß angehen, das wird auch unser Wahlprogramm prägen“, kündigte der 52-Jährige aus Rheda-Wiedenbrück an. Ein Dorn im Auge ist Brinkhaus neben dem „Hemmnis Datenschutz“ und zu vielen Regulierungen vor allem die „geteilte Verantwortung“ auf wichtigen politischen Positionen. Deshalb wolle man künftig einmal pro Jahr eine „Umsetzungswoche“ ausrichten, in der die Minister berichten müssten, was sie umgesetzt haben – und was nicht. „Daran müssen sie sich dann auch messen lassen.“

„Chefsache“ müsse künftig hingegen die Digitalisierung werden, die im öffentlichen Bereich eine der Hauptaufgaben des neuen Bundeskanzlers oder der neuen Bundeskanzlerin darstellen müsse, so Brinkhaus. „Da muss sich der Kanzler immer wieder einschalten; das kann er nicht allein delegieren.“ Im Bereich Digitalisierung habe Deutschland großen Nachholbedarf. „Man kann ein Haus komplett online bezahlen; aber das Auto nicht online anmelden. Da muss man sich fragen, was schiefläuft“, sagte Brinkhaus, der zudem verwaltungsintern von „teilweise bizarren Genehmigungsverfahren“ sprach.

Als eine weitere große Herausforderung der Zukunft bezeichnete Brinkhaus die „Renaissance der Wirtschaftspolitik“. Brinkhaus sprach von einem „brutalen Wettbewerb mit den Chinesen“; einem Land, das ökonomisch teilweise „hoch aggressiv“ und regelverletzend auftrete. „Dazu rate ich, eine wirklich konsequente Afrika-Politik zu machen, auf Augenhöhe“, so Brinkhaus. Afrika werde „unser Schicksalskontinent“. Brinkhaus attestiert Deutschland gute Chancen für eine intensive Zusammenarbeit. „Wir haben in Afrika einen sehr guten Ruf, weil man uns abkauft, dass wir an einer wirklichen Partnerschaft interessiert sind.“ Brinkhaus weiter: „Afrika ist, glaube ich, auch für die Wirtschaft in OWL ein unglaubliches Pfund.“ Man müsse mehr Möglichkeiten finden, dass der Mittelstand mit dem Land zusammenarbeiten könne – unter anderem durch den Aufbau von Lieferkettenbeziehungen.

Der 52-Jährige rief dazu auf, sich ökonomisch nicht von Nationen wie China „vereimern“ zu lassen. Deutschland und Europa müssten nun umso mehr weitere Handelsabkommen auf den Weg bringen: TTIP 2.0 mit den USA und CETA mit Kanada. „Wir müssen starke Allianzen mit den Amerikanern und Afrikanern formen“, so Brinkhaus.

Mit Blick auf die Finanzpolitik sagte der Unionsfraktionschef, dass Deutschland international bei den Steuersätzen nicht mehr wettbewerbsfähig sei; sie seien zu hoch. „Steuererhöhungen nach der Krise sind das falscheste, was man machen kann.“ Eine einfache Senkung sei aber ebenso schwierig. Die Diskussion über die Einführung einer Vermögenssteuer verbiete sich; wichtiger sei der CDU, die Sozialversicherungsbeiträge konstant zu halten.

IHC-Vizepräsident Christoph Mohn betonte die Notwendigkeit einer wirtschafts-politischen Veränderung: „Es gibt Länder, die sich ein bisschen schneller wandeln als wir das in den vergangenen Jahren getan haben. Wir müssen uns dem Wandel stellen.“ Brinkhaus, der während seines Vortrags vom Eindruck eines künftigen Wirtschaftsministers nicht allzu weit entfernt schien, räumte ein, dass künftig auch eine andere Kommunikation aus der Wirtschaft gegenüber der Politik nötig sei. „Wir brauchen da mehr Druck.“