IHC-TaIkrunde: Der Textilhändler Oliver Hüsken regt neue Kooperationen des Einzelhandels mit Kultur, Bildung und Gastronomie an. Er prophezeit Leerstände und sinkende Mieten in Folge der Corona-Krise.
Bielefeld. Der Einzelhandel wird nicht so schnell aus der Talsohle kommen. Davon ist Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), überzeugt. „Der Arbeitsmarkt bleibt unter Druck. Das tangiert die Kaufkraft“, sagte er beim Talk des Industrie- und Handelsclubs (IHC) Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld, den 50 Mitglieder per Livestream mitverfolgten. Und die Insolvenzwelle stehe erst noch bevor, warnte der Handelsexperte.
„Die sehr hohe Sparquote ist eine Konsumverweigerungsquote“, konstatierte Genth, der Bielefeld oft besucht. Er lobte den „tollen Lieferservice“ der Bielefelder Altstadt- Kaufleute. Verbraucher justierten ihr Einkaufsverhalten in Folge der Corona-Krise neu. Für ein Einkaufserlebnis fehle das nötige Umfeld aus Gastronomie und Freizeit.
Laut seiner Prognose wird sich der „verlorene Umsatz“ im Nonfood-Bereich bis zum jahresende auf 40 Milliarden Euro erhöhen. Die Krise werde noch bis 2021 andauern. Genth forderte einen Innenstadtfonds. „Der Handel braucht einen Konsumimpuls für die Binnennachfrage.“ Das Konjunkturpaket der Bundesregierung sorge nur für marginale Konsumbelebung. „Städte werden unter Druck geraten.“
Oliver Hüsken, Inhaber der gleichnamigen Luxusmodegeschäfte, äußerte sich optimistischer. „Der Handel darf nicht immer die Opferrolle einnehmen, sondern kann selbstbewusst sein“, mahnte er. Der Einzelhandel sei bei den Menschen und der Industrie sehr angesehen. Für Bielefeld äußerte er sich sehr zuversichtlich. Über die A 33 sei Bielefeld jetzt auch für die niederländischen Nachbarn besser erreichbar. „Davon wird Bielefeld als Oberzentrum leider auf Kosten der umliegenden Gemeinden stark profitieren.“ Niederländer würden gerne in die Stadt kommen, um zu konsumieren. Hüsken forderte die Ladenöffnung an Sonntagen.
Er prophezeite veränderte lnnenstädte und regte neue Kooperationsmodelle an. Die Corona-Krise habe den Textilhandel schwer getroffen. „Die Erdgeschosse sind in dieser Dichte nicht mehr zu halten“, so Hüsken. Auch die Obergeschosse stünden vor fundamentalen Veränderungen, weil viele Büros wegen der Arbeit im Home-Office leer stünden. „Die Mieten werden fallen müssen“, prognostizierte er. Dies biete neue Chancen. Er regte Kooperationen von Gastronomie, Kultur, Handel und Bildung an, die die Räumlichkeiten gemeinsam nutzen sollten, um Innenstädte attraktiv zu halten. Im Internet arbeitet Hüsken seit Jahren mit dem globalen Onlineanbieter Farfetch zusammen.