Neue Westfälische

Oetker-Chef Christmann rüttelt Unternehmer auf

28. Mai 2019

Analysiert Wandel:
Oetker-Chef Albert Christmann.
Foto: Jonek

Blick in die Zukunft: Auch selbstkritische Töne zu hören – Herausforderungen für Markenartikler

Bielefeld. Albert Christmann präsentierte seinem Publikum ein paar Thesen, die erschreckend wirken könnten: ,,Die Zeit wird niemals mehr so langsam sein wie heute“, sagte er allen, die vielleicht dachten, wir lebten schon jetzt in einer stürmischen Zeit. Und die Disruption (die Zerstörung alter Geschäftsmodelle durch Digitalisierung und andere Umwälzungen) habe gerade erst begonnen. Christmanns Botschaft war klar: Wacht auf und bereitet Euch auf die Zukunft vor.

Der Mann, der seit 2017 das Management des Oetker-Konzerns anführt, analysierte das globale Wirtschaftsgeschehen und die Konsequenzen für alle Firmen auch in OWL bei einer Gemeinschaftsveranstaltung von Industrie- und Handelsclub OWL (IHC) und Marketing-Club. Und er tat dies in einem Tempo, dass seine Aussagen auch ein mehrstündiges Seminar gefüllt hätten.

Christmann erstaunte, weil er durchaus selbstkritische Töne hören ließ. Als er die Folgen der Megatrends von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz bis zum Klimawandel aufzählte und zur wachsenden Bedeutung des Themas Gesundheit kam, räumte er ein, dass dies eine Herausforderung sei für ein Unternehmen, das Tiefkühl-Pizza und alkoholische Getränke produziert. Und signalisierte damit, welche Sensibilität sich bei Oetker entwickelt hat.

Ähnlich offen sprach er über die Bedeutung starker Marken: Früher sei es damit möglich gewesen, sich gelegentlich kleine Fehler zu erlauben: ,,Das geht jetzt nicht mehr“, stellte er klar. Man müsse die wahren Bedürfnisse der Verbraucher kennen und bedienen.

Online-Riesen wie Amazon mit ihrem direkten Kontakt zu unzähligen Kunden seien für Markenartikler eine besondere Herausforderung, weil sie immer neue Eigenmarken auf den Markt brächten und diese fördern könnten. ,,Das Spiel ändert sich“, warnte Christmann. Eine der Konsequenzen für Oetker sei es, auch eigene Vertriebswege zu entwickeln. Im Getränkehandel sei dies etwa mit „Essmanns“ und „Durstexpress“ weit gediehen.

Christmann skizzierte die Grundzüge der Oetker-Strategie, zu der neben Qualitätsführerschaft zugleich auch Kostenführerschaft gehöre: Die Tiefkühltorten-Tochter Coppenrath & Wiese schaffe dies und zeige: ,,Es geht doch .“

Der Test neuer Geschäftsmodelle und der Eintritt in neue Märkte seien weitere Schlüsselthemen .

Am Rande seiner schonungslosen Analyse vermittelte Christmann auch Zuversicht: ,,Veränderungen gab es immer schon – die Jugend wird es machen.“