Rückblick

IHC Vortrags- und Diskussionsveranstaltung, Frank Mastiaux


EnBW zu Gast bei den Stadtwerken Bielefeld: Die Geschäftsführer der Stadtwerke Bielefeld Rainer Müller (l.) und Martin Uekmann (r.) begrüßen gemeinsam mit dem IHC Präsidenten Dr. Reinhard Ch. Zinkann den Referenten des Abends, Dr. Frank Mastiaux

Von der „Strombehörde“ zum modernen Energiedienstleister

Dr. Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, über „Die Transformation eines Großunternehmens“

Kann man als Unternehmen auf Unerwartetes vorbereitet sein? „Ja“, sagt Dr. Frank Mastiaux, „man muss es sogar: Es gibt keine Branche ohne Veränderungen.“ Der Vorstandsvorsitzende des drittgrößten deutschen Energieversorgers EnBW spricht aus Erfahrung. Kaum eine andere Branche wurde durch wirtschaftliche und politische Entwicklungen zu so radikalem Umdenken gezwungen wie die Energiewirtschaft. In seinem Vortrag in den Räumen der Stadtwerke Bielefeld gab Mastiaux spannende Einblicke, wie sich EnBW in den vergangenen Jahren vom Strom-Monopolisten zum wettbewerbsfähigen Energieunternehmen wandelte.

Als Dr. Frank Mastiaux 2012 sein Amt bei EnBW antrat, waren die Bedingungen schwierig. Seine Aufgabe: trotz weltpolitischer und gesamtwirtschaftlicher Turbulenzen den Atomausstieg und die Energiewende umsetzen.  Vor dem Reaktorunglück in Fukushima und dem folgenden Atomausstieg machte EnBW Millionen Euro Gewinn. „Eine Gelddruckbehörde“, so Mastiaux. „Die Einnahmen flossen, ohne dass man sich anstrengen musste.“

Mit der angestrebten Energiewende hatten von heute auf morgen alte Geschäftsmodelle ausgedient. Statt Atom- und Kohlestrom sind nun erneuerbare Energien wie Wind-, Sonnen- und Wasserkraft gefragt.

Doch wie baut man einen Konzern mit 20.000 Mitarbeitenden um? Die Wände zwischen kleinen Bürozellen zwecks Förderung der internen Kommunikation abzubauen ist eine Sache. Die wahre Herausforderung, so Mastiaux, sei es aber gewesen, die Mauern in den Köpfen der Beschäftigten einzureißen. „Wenn jahrzehntelang Dinge auf eine bestimmte Art und Weise erledigt wurden, ist ein Wandel eine enorme Herausforderung.“

Der zukunftsorientierte Mastiaux führte zunächst eine neue Fehlerkultur ein („Ich habe nicht gefragt, wer an der Situation Schuld ist, sondern wie wir in Zukunft sein wollen“), bildete hierarchieübergreifende Entwicklungsteams („vom dualen Studenten bis zum Senior Vice President“) und erwartete von seinen Teams, dass sie wendiger und schneller agieren („Eine E-Mail muss innerhalb von drei Stunden oder schneller beantwortet werden“).

Auch strategisch erschloss sich EnBW unter Mastiaux über den Energiesektor hinaus neue Geschäftsfelder: Wichtiger Baustein sollen in Zukunft Infrastrukturprojekte sein, mit denen das Unternehmen jenseits von Kohle und Atom profitabel sein will. „Wir haben uns gefragt, wo unsere Kernkompetenz liegt: In der Vergangenheit war dies die Sicherheit und Verlässlichkeit im Handling von komplexen Kraftwerkssystemen.“ Diese Kompetenzen seien auch für Infrastrukturthemen wie Verkehrsleittechnik, öffentliche Sicherheit, Quartiersentwicklung oder die Erneuerung bestehender Infrastrukturen wie Straßen gefragt. „Das ist ein enormer Wachstumsmarkt“, so der Vorstandsvorsitzende. Bereits in Angriff genommen hat EnBW die Beteiligung am Ausbau des Breitbandnetzes und der Infrastruktur für Elektromobilität.

Nach hohen Verlusten schrieb der Energieversorger 2018 erstmals wieder schwarze Zahlen. Mittlerweile betreibt das Unternehmen von ehemals fünf nur noch zwei Atomkraftwerke. 2022 wird das letzte von ihnen vom Netz genommen. Bis 2025 wolle man, so Mastiaux, ein Ergebnis von 3 Milliarden Euro erzielen. Und das, obwohl die konventionelle Stromerzeugung mittelfristig in den Planungen keine Rolle mehr spielen soll – im Gegensatz zu Energie- und Dateninfrastruktur, neue Energienetze und Elektromobilität zusammen mit Wind- und Sonnenenergie.

Neue Wege beschreitet die EnBW auch mit dem firmeneigenen Innovationscampus. Enthusiastisch berichtete Mastiaux über ein Start-up, das EnBW gemeinsam mit Jungunternehmern gegründet hat. Es stattet städtische Fahrzeuge, zum Beispiel Müllwagen, mit Kameras aus, die die Straßen filmen. Eine Software meldet der Baubehörde in Realtime zurück, ob ein Straßenbelag so beschädigt ist, dass er ausgebessert werden muss. Bisher wurde dafür alle sieben Jahre ein Ingenieurbüro beauftragt, das alle Straßen aufwendig überprüfte.

Viele Fragen der zahlreich erschienenen IHC Mitglieder und anerkennende Kommentare bildeten den Abschluss des Vortragsteils. IHC Präsident Dr. Reinhard Zinkann brachte die Botschaft des Abends auf den Punkt: „Erfolg wird von Menschen und mit Menschen gemacht“. Ein Dank ging an die Stadtwerke Bielefeld für den freundlichen Empfang.

www.enbw.com

Text: Annette Meyer zu Bargholz / Fotos: Susanne Freitag

Mittwoch, 13. März 2019 19:00 Uhr
Stadtwerke Bielefeld
Dr. Frank Mastiaux, Vorsitzender des Vorstands EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Karlsruhe