Katharina Dröge MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Wirtschaftspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Wie kann der von den Grünen geforderte sozial-ökologische Umbau zur Chance für die Wirtschaft werden? Katharina Dröge, Parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Wirtschaftspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, stand als Gast der Diskussionsveranstaltung des Industrie- und Handelsclubs OWL, Rede und Antwort.
„Wir stehen vor der Menschheitsaufgabe, die Wirtschaft und Gesellschaft so zu verändern, dass ein Klimawandel gelingt“, stellte die Grünen-Politikerin gleich zu Beginn des Abends klar, der in der IHC-Reihe zur nahenden Bundestagswahl stattfand. Darum stehe auch die Wirtschaftspolitik im Mittelpunkt des grünen Wahlkampfes, erklärte die in Münster geborenen Diplom-Volkswirtin. „Denn wir hoffen, Teil der nächsten Regierung zu sein.“
„Als Grüne senden wir ein Gesprächsangebot an die Wirtschaft, denn nur durch ein Miteinander kann der nötige Wandel Fahrt aufnehmen“. Die Chemie- und Stahlindustrie hätten sich bereits auf den Weg gemacht, umweltfreundlicher zu produzieren, so Dröge. Wenn „grüner“ Wasserstoff teurer sei als fossile Technologien, müsse die Politik Förderinstrumente liefern, die Wettbewerbsfähigkeit national und international zu gewährleisten. Ein Kernprojekt sei deshalb die Gründung einer neuen transatlantischen Partnerschaft, die Klima- und Handelspolitik umfasse.
Als Wirtschaftshemmnis kritisierte Dröge den Modernisierungsstau bei der Infrastruktur. „Das ist eine Bürde für nachfolgende Generationen“, so die Grünen-Politikerin. Abhilfe wollen die Grünen durch ein Investitionspaket über 500 Milliarden Euro, verteilt auf zehn Jahre, schaffen. Für dessen Finanzierung müsse die Schuldenbremse reformiert werden, um kreditfinanzierte Nettoinvestitionen zu ermöglichen. Ein moderates Wirtschaftswachstum vorausgesetzt und weiterhin niedrige Zinsen würden die Rückzahlbarkeit ermöglichen, so Dröge. Zudem erhalte der Staat auch einen Vermögenszuwachs, zum Beispiel durch die erneuerte Infrastruktur.
Subventionen, die der Industrie helfen, auf umweltfreundlichere Produktionsmethoden umzusteigen, müssten durch Verträge abgesichert werden, die auch Rückzahlungen bei veränderten Bedingungen vorsähen. Um den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben, so Dröge, sollte vor allem die Planung beschleunigt werden: Das hieße mehr Planer für die öffentliche Hand, eine digitalere Verwaltung, Bürokratieabbau, unkomplizierte Umsetzungsverordnungen. „Wir müssen Anreize schaffen, auch mal unnütze Vorschriften abzuschaffen.“
„Wir brauchen eine öffentliche Hand, die sich in Unternehmen hineinversetzen kann“, forderte die Wirtschaftsexpertin weiter. So sei der Innenstadt-Gipfel viel zu spät gekommen und die Mehrwertsteuersenkung hätte nicht so viel zum Konsum beigetragen, wie erhofft. „Ich sehe bei der Regierung ein Unverständnis, was Wirtschaft braucht“, bemängelte Dröge und forderte „mehr Dialog und Empathie“.
In punkto Verkehrsberuhigung der Innenstädte, wie sie gerade in Bielefeld zurzeit stark diskutiert wird, gebe es keine generellen Antworten, erklärte die Politikerin in der von IHC Präsidiumsmitglied Harald Schlüter moderierten Diskussion. „Wir brauchen eine gute Mischung aus Gastronomie, Handel und Wohnen“. Die Einkaufs- und Verweilqualität steige bei Verkehrsberuhigung, dennoch müssten die Innenstädte für Pkw erreichbar bleiben. Die Frage nach dem „Wie“ müsse vor Ort individuell diskutiert werden.